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Rezensionen – Götterdämmerung in El Paso

Der Grenzkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko schreibt die schlimmsten Erzählungen selbst – die Überformung durch Literatur kann kaum mit den Nachrichten mithalten. Eine Ausnahme ist ein Roman, der auf beide Seiten des Zauns blickt und ebenso kenntnisreich wie raffiniert ein Sittengemälde pinselt, das sich als pulp fiction ausgibt, aber diese mit einer Meta-Fiktion hinter sich lässt.“
Hannes Hintermeier, FAZ

Der Berliner Kleinverleger Frank Nowatzki versucht seit einem Vierteljahrhundert, amerikanische Genreautoren in Deutschland publik zu machen. Seinen Verlag hat er, was ein wenig dem wirkungsvollen Rockerjackenauftritt unter Tweedsakkoträgern entspricht, Pulp Master getauft.
Ganz frisch ist der Roman „Götterdämmerung in El Paso“ des Wahltexaners Rick DeMarinis erschienen, der das Amateurdetektiv-Desaster eines Desert-Storm-Veteranen erzählt.
-Die Welt

Irgendwie kein Wunder, dass so etwas aus Amerika kommt. Zum einen, weil dieses verquere Land den Stoff für Könner wie DeMarinis in reicher Auswahl bereitstellt; zum anderen, weil es spätestens seit Chandler gute amerikanische Krimitradition ist, dass sich der vorgebliche Krimischund und tiefschürfende Intellektualität nicht ausschließen. Namen wie George V. Higgins oder Robert B. Parker fallen einem ein. Und natürlich Rick DeMarinis. Autoren mit Kopf und Bauch, in denen Reflexion Spannung und Spannung Reflexion sein kann. Viele Zutaten – eine Einheit, ein System kommunizierender Röhren, kurz: das Leben selbst. Und ebenfalls kurz: „Götterdämmerung in El Paso“ ist mein derzeitiger Favorit des Jahres – und sollte es mir im nächsten Jahr endlich gelingen, die Krimikritik-Diktatorenschaft an mich reißen zu können, wird mein erster Befehl lauten: Ihr wollt Krimis schreiben? Okay, aber zuerst DeMarinis lesen und von ihm lernen
-Watching the Detectives, dpr

Der Hinweis, dass Erzählen nicht voraussetzungslos passiert, sondern sich zumindest genauso auf Literatur und andere fiktionale Welten bezieht wie auf Realitäten, schützt vor naiven Lektüren und einem frommen Glauben an die einfache Abbildbarkeit von Welt. Rick DeMarinis ist ein extrem cleverer Nutznießer dieser Tatsache und erfreut uns durch seine ironische Virtuosität im Umgang damit.
-Thomas Wörtche, CultureMag

Rick de Marinis, Pulp Fiction-Meister der Sonderklasse, macht daraus grandiose Genre-Opern in Romanformat, und Frank Nowatzki vertreibt die deutschen Übersetzungen rezeptfrei im Berliner pulp master-Verlag. Heißeres gibt es diesen Winter nicht mehr!
-Günter Grosser, Berlin-ist.de

Im Südwesten gehen die USA zugrunde, mahnen konservative Weiße, die vom Schmelztiegel nichtsmehr hören wollen. Die Zuwanderer aus dem Süden, aus
Mexiko oder durch Mexiko hindurch, sind in ihren Augen einen fünfte Kolonne, die das sowieso wankende angelsächsischeuropäischweiße
Primat bald ganz in den Staub der Geschichte stürzen wird. Entsprechend gereizt und bösartig sind ihre Visionen von Abwehr und Zusammenstehen. Der Autor Rick DeMarinis erzählt in „Götterdämmerung in El Paso“ von der Frontstimmung und dem Kampf um das
künftigeAmerika.Er tut dies scheinbar nur im Kleinen, indem er eine klassische Privatermittlergeschichte
in Gang bringt.
-Thomas Klingenmaier, Stuttgarter Zeitung

Kaputt in El Paso – so könnte auch Götterdämmerung in El Paso heißen; denn was da dämmert, ist nicht etwa Hoffnung oder sonst ein zartes Pflänzchen, da dämmern höchstens Richard Wagners Götter auf dem alten Plattenspieler von Luther Penrose, einem hundertfünfzig Kilo schweren Schriftsteller mit einer Fünfzehnkilokatze. Dieser weltfremde, unberechenbare, drogenessende, tendenziell paranoide Kerl, der kaum sein Haus verlässt, heult sich regelmäßig bei seinem Freund aus, dem Privatdetektiv J.P. Morgan, der den Roman erzählt. Der Unterschied zwischen den beiden ist gewaltig – der wohlhabende Schriftsteller neigt zu depressivem Rumhängen, der Schnüffler achtet halbwegs auf sich und seinen Körper – ist aber immer pleite, wie es sich für einen echten amerikanischen Detektiv gehört.
-Matthias Kühn, Krimicouch<blockquote

DeMarinis spielt nicht nur soverän mit den Versatzstücken der Pulp-Literatur, sondern schafft zudem ein Universum skurriler Charaktere, die sich wohltuend von den vielen eindimensionalen Dumpfbacken des Genres unterscheiden. Und die beiden Hauptfiguren erscheinen mit ihrer blasierten Ausdrucksweise wie aus einem Abenteuerroman von Jules Verne entsprungen. Kann es so etwas wie Edel-Pulp überhaupt geben? Ja, denn Rick DeMarinis zeigt uns, dass Schund durchaus mit Stil kombinierbar ist.
-Kulturnews

Lügendichtung
J.P.Morgan, Teilzeit-Detektiv mit Irak-Trauma, hilft seinem Kumpel Luther, Vollzeit-Romancier mit Wagner-Spleen. Ein vermeintlich moderater Ehebruch erweist sich als blutrünstige“Götterdämerung in El Paso“, rechte Bürgerwehren und irre Ärzte mittendrin. Rick Demarinis schreibt mit Verve und scharfem Blick für amerikanische Lebenslügen.
-Der Stern

Wie bedauerlich, dass Rick DeMarinis hierzulande noch immer ein „Geheimtipp“ ist, klagt Rezensent Hannes Hintermeier, der auch für den neuen Roman „Götterdämmerung in El Paso“ nur lobende Worte findet. Der Kritiker liest hier ein „raffiniertes Sittengemälde“, das den grausamen Grenzkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko von beiden Seiten beleuchtet. Gebannt folgt er dem ehemaligen Soldaten und heutigen Eheberater und Versicherungsdetektiv J. P. Morgan, der bei seiner Suche nach der verschwundenen Aktivistin Carla Penrose in Mexiko in die Umgebung von brutalen Schlägern und einer rechtsextremen Einheit namens „Hans-Brinker-Brigade“ gerät, welche die amerikanische Regierung durch Provokationen in einen militärischen Konflikt mit Mexiko verwickeln wollen. Mit Bewunderung stellt der Rezensent fest, dass es DeMarinis gelingt, in diesem politisch gelehrten und mit Elementen der „pulp fiction“ angereicherten Roman zugleich poetisch und mit „trockenem Humor“ zu erzählen.
-Perlentaucher

Die Klarheit und das Bösartige bei Rick DeMarinis Figurenzeichnungen sind vielleicht am ehesten mit den eigenständigen Werken von Charles Willeford zu vergleichen. Das aber nur als grober Richtungshinweis. – Ganz große Literatur! Voller Kraft und mit blitzender Intensität, coole Literatur für Könige …
-CK, Hammett

Voll aus dem Repertoire des guten, alten Hardboiler bedient sich Rick De Marinin in Götterdämmerung in El Paso strong (Pulp Master) und bringt es fertig, eine klassische PI-Geschichte von der mexikanisch-amerikanischen Grenze zu erzählen und sich gleichzeitig über klassische PI-Geschichten von der mexikanisch-amerikanischen Grenze lustig zu machen. Und nicht nur über die: Sondern auch über die Fixierung des Kulturbetriebs auf Nazis (Hitler sells), über den Muchomacho-Kult der Gegend, über Schriftsteller mit großkalibrigen Flinten, über Männerfreundschaften, über Dr. Mengele-artige Typen und andere Phänomene mehr, bei denen die größte Ironie darin besteht, dass es sie tatsächlich ganz realiter so geben könnte. Sehr amüsant, elegant gemacht.
-TW, Leichenberg / Kaliber38

„Ruhig und spannend erzählt und mit einem lakonischen Ermittler versehen, ist der Roman auf Augenhöhe mit seinen Vorbilder. Wer Philip Marlowe oder Sam Spade mag, wird J.P. Morgan lieben.“
-Stadtblatt Osnabrück

Eindrucksvoll beweist de Marinis, dass der überragende Don Winslow kein Privileg auf das Schreiben über die problembeladene Grenzregion zwischen den USA und Mexiko besitzt. “Todos somos ilegales” – wir sind alle Illegale, heißt es an einer Stelle. Der Spruch steht auf der mexikanischen Seite einer Brücke an der Grenze und soll die “Gringos” daran erinnern, dass auch sie nur Besetzer sind, “die das Land nördlich des Flusses mit Gewalt oder Waffen oder Geld genommen hatten”.
-Crimenoir

El Paso. Der 150-Kilo-Dichter und Wagner-Fan Luther Penrose will seine Muse Carla wiederhaben. Die gütige Freiheitskämpferin ist leider Nazizahnarzt Selbiades’ Reinigungstruppen in die Quere gekommen. Detektiv J. P. Morgan wühlt im Grenzland-Schlamassel. Leicht, grotesk, Wagner-Parodie in desert noir
-KrimiZeit-Bestenliste

Während es aber die Jelinek vor lauter Intelligenz nie so richtig schafft, die wahre Welt aus Liebe und Blut ins Werk zu bannen, so schafft dies Rick De Marinis mit seiner „Götterdämmerung in El Paso“ traumwandlerisch direkt. Ein großer amerikanischer Erzähler!
… urteilt deshalb einigermaßen ergriffen, grandios unterhalten und auf hohem Anspielungsniveau angesprochen unser Rezensent über die texanischen Neonazis in dem Alterswerk des inzwischen 79-jährigen Rick De Marinis, der hierzulande als Erzähler endlich entdeckt gehört … was vielleicht nur deshalb noch nicht geschehen ist, weil er im kleinen „Pulp Master“ Verlag erscheint und eben nicht bei Suhrkamp, Rowohlt oder Hanser.
Wir wiederholen: Rick De Marinis, „Götterdämmerung in El Paso“, erschienen im Pulp Master Verlag. Für Fans von Richard Wagner und Raymond Chandler gleichermaßen geeignet.
-Anderas Ammer, Büchermagazin Diwan, BR

Rick de Marinis denkt in seinen bizarren Krimis gern übereck, dabei sind seine Bücher von unbeirrbarer, innerer Menschenfreundlichkeit.
-Tobias Gohlis,  Buchjournal